Die meisten Deutschen, mit denen ich gesprochen habe, gehen davon aus, dass es im Christentum heute keine Propheten oder Prophetie mehr gibt oder geben darf. Diese Sichtweise ist in Deutschland weit verbreitet und basiert auf der sogenannten historisch-kritischen Theologie, die in den Lehrstühlen der Universitäten vorherrschend ist.
„Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Hat jemand prophetische Rede, so übe er sie dem Glauben gemäß.“
Römer 12,6
Bedeutung der Propheten in anderen Ländern
In anderen Teilen der Welt, wie Afrika und den USA, ist ein Prophet jemand, der besonders gut oder oft Gottes Stimme hört. Botschaften zu empfangen und Weissagungen auszusprechen ist dort etwas, das tief in der christlichen Kultur, besonders der Hebrew Roots Bewegung, verankert ist. In vielen afrikanischen Gemeinden und charismatischen Bewegungen in den USA spielen Propheten eine zentrale Rolle im Glaubensleben der Menschen.

Fünffältiger Dienst und Prophetie
Besonders in den USA wird innerhalb des sogenannten fünffältigen Dienstes, basierend auf Epheser 4:11-15, ein Prophet als jemand betrachtet, der eine prophetische Gabe vom Heiligen Geist empfangen hat.
„Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist, der jedem persönlich zuteilt, wie er will.“
1.Korinther 12,11
Dieser fünffältige Dienst umfasst Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten (Pastoren) und Lehrer. Zusammen mit anderen Gläubigen, die ebenfalls geistliche Gaben besitzen, trägt der Prophet zum Aufbau des Leibes Christi bei. Diese Aufgaben werden unter der Leitung des Heiligen Geistes und mit Jesus Christus als Haupt der Gemeinde ausgeführt.
Theologische Debatten und die Berliner Erklärung
In Deutschland wurde die charismatische Bewegung und deren Betonung auf prophetische Gaben besonders durch die sogenannte Berliner Erklärung von 1909 verurteilt. Diese Erklärung war eine Reaktion auf die Pfingstbewegung und bezeichnete deren Praktiken und Lehren als „vom Teufel“. Diese strikte Ablehnung prägte lange Zeit die Haltung vieler deutscher Christen gegenüber prophetischen Gaben.
Den Geist löscht nicht aus. Prophetische Rede verachtet nicht.
1.Thessalonicher 5,19-20
Der Zweck der Prophetie
Ich bin der Ansicht, und da stütze ich mich auch auf die Bibel, dass Gott derselbe ist gestern und heute, so auch morgen. Ich habe mich sehr intensiv mit den Propheten der Bibel beschäftigt. Und ich habe prophetische Worte, sogenannte Weisung oder Weissagung, von Geschwistern bekommen, als Ermutigung und das hat mich in meinem Glauben gestärkt und aufgebaut.
Ich habe dadurch unter anderem mehr und mehr meine Identität, die ich in Christus habe, verstanden und erfahren.

Paulus beschreibt Weissagung als mächtiges Werkzeug, um einen Ungläubigen zum Glauben zu bringen. In 1.Korinther 14,25 etwa wird dieser Zweck wie folgt beschrieben: „und so würde das Verborgene seines Herzens offenbar, und so würde er auf sein Angesicht fallen und Gott anbeten und bekennen, dass Gott wahrhaftig in euch ist.“ Es ist also nicht irgendjemand, der sich als Prophet hinstellt und in die Zukunft schaut, sondern es sind die Mitglieder der Gemeinde selbst, die sich in der prophetischen Gabe geübt haben und diese aktiv praktizieren.
Missverständnisse über Prophetie ausräumen
Hier liegt das große Missverständnis der Kritiker von Prophetie und den geistigen Gaben in der heutigen Gemeinde. Sie erkennen nicht den Unterschied zwischen vermeintlichen Propheten, die auf sich selbst verweisen und wirklich prophetisch begabten Menschen, die durch den Heiligen Geist auf die Kraft und die Allmacht Gottes verweisen.
bemüht euch auch eifrig um die Geisteswirkungen; am meisten aber, dass ihr weissagt!
1.Korinther 14,1
Es gibt sicherlich Menschen, die von Gott berufen sind, für Nationen zu weissagen und zu sprechen. Dazu muss jemand aber eine besondere Berufung haben und seine Beziehung zu Gott muss auch bestätigt werden von einer Gemeinde. Was die Aussagen von Paulus über Prophetie anbetrifft, handelt es sich aber kaum um die Prophetie, in denen die Zukunft vorausgesagt wird, sondern um den Aufbau des Leibes Christi und der Gemeinde durch Weissagung.
Zungen oder Sprachen? Zur Kritik an den Geistesgaben des Sprachengebets
wehrt nicht der Zungenrede.
1.Korinther 14,39
Es gibt Leute, die kultivieren das Verständnis, die „Zungen“ und deren Deutung wären nur auf andere „fremde“ Sprachen bezogen.
Doch wie sollte Paulus schreiben, verbietet nicht die Zungenrede, als würde es jemandem ein Anstoß sein? Es macht keinen Sinn, jemandem zu verbieten, in einer anderen Sprache zu reden oder zu beten, wenn dies auch noch übersetzt würde.
Die Realität ist, dass die Zungenrede mitunter denen, die nicht glauben wollen, zum Gericht dient. Diese Perspektive wird in einem sehr spezifischen Vers im Korintherbrief aufgezeigt, in der Folgendes erklärt wird:
Darum ist die Zungenrede ein Zeichen nicht für die Gläubigen, sondern für die Ungläubigen;
1.Korinther 14,22
Das „Blablabla“ – Ein Zeichen zum Gericht
Warum es ein Zeichen zum Gericht ist, will ich anhand dem Bezug zu dem Propheten Jesaja erklären. Es geht dabei um eine Weissagung, dass Israel von einer feindlichen Armee als Gericht überfallen wird, die eine fremde Sprache sprechen. Diese Sprache wird in ihren Ohren sinngemäß wie ein „Blablabla“ klingen und wird so Ausdruck von Gottes Zorn gegen sie sein.
Man könnte es auch wie folgt sehen: der Fremdenhass in Deutschland zieht auch Gottes Gericht nach sich, wenn man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt und jemanden in Türkisch, Arabisch oder einer anderen Sprache reden hört. Die Menschen, welche einen Anstoß daran nehmen, dass Fremde in ihrem Land sind, befinden sich unter diesem Gericht. Wir sollen ja die Fremden nach dem Gesetz Gottes lieben.
Den Ausländer, der bei euch wohnt, sollt ihr wie einen von euch behandeln und ihr sollt ihn lieben wie euch selbst. Denn ihr selbst wart einst Fremde in Ägypten.
Levitikus 19,34
Auslegen und Übersetzen
Natürlich sollten wir in Versammlungen darauf achten, dass keine Ungläubigen dabei sind, die sich an der Zungenrede irritieren. Wenn kein Übersetzer da ist, sollten wir das auch nicht in der Gemeinschaft machen, sondern Zuhause für uns alleine praktizieren. Letzteres ist wohl in den allermeisten Gemeinden in Deutschland der Fall, da die Zungenrede hierzulande teils als teuflisch inspirierte „Schamanensprache“ oder „Gebrabbel“ bezeichnet wird und für viele Christen ein Anstoß ist.
Ist aber kein Ausleger da, so schweige er in der Gemeinde und rede für sich selber und für Gott.
1.Korinther 14,28
Keiner wird jedoch für sich selber und Gott das Evangelium in einer tatsächlichen Fremdsprache wie Italienisch oder Griechisch verkündigen. Tatsächlich wird er sich selbst mit dem Sprachengebet (dem sogenannten „Beten in Sprachen“) aufbauen, wozu es auch gedacht ist.
Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst;
1.Korinther 14,4
Die Behauptung, mit Zungenrede oder dem Sprachengebet wäre eine Fremdsprache gemeint, macht auch hier keinen Sinn.
Denn wer in Zungen redet, der redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott;
1.Korinther 14,2
Ordnung in der Gemeindeversammlung
Es gibt also im Grunde zwei Arten von Zungenrede oder Sprachengebet: einmal das persönliche Sprachengebet, mit dem der Gläubige sich selbst aufbaut, und zum anderen die übersetzte Zungenrede, welche die Gemeinde aufbaut.
Interessant ist jedoch, dass die sich als charismatische Gemeinden bezeichnen, völlig ignorieren, dass etwas ausgelegt oder in einer Ordnung nacheinander und auch nicht zu viel oder übermäßig praktiziert wird. Das ist Rebellion gegen die Ordnung, die Paulus ebenfalls anspricht.
Wer das nicht anerkennt, wird auch von Gott nicht anerkannt.
1.Korinther 14,28
Ich bete in Sprachen, die vom Geist Gottes eingegeben werden, aber ich benutze dabei nicht meinen Verstand. Es ist für mich ein Trost und eine Art, mit Gott in Verbindung zu treten, ohne Worte des Verstandes zu gebrauchen. Es gibt Situationen im Glaubensleben, da man keine Worte mehr hat. Aber dennoch kann ich mit Gott reden.
Empfangen und Prüfen
Wenn ich in solchen Sprachen rede, betet der Geist, der von mir Besitz ergriffen hat, aber mein Verstand ist untätig,
1.Korinther 14,14
Wenn der Geist Gottes von uns Besitz ergreift, dann erlauben wir ihm, uns zu trösten oder zu uns zu sprechen. Viele Gläubige, die dieses Sprachengebet oder die Zungenrede praktizieren, empfangen vom Heiligen Geist in dieser Form des Gebets Weisung, Visionen oder Eindrücke, die ihnen selbst oder jemandem anderen weiter helfen können.
Man muss alles prüfen, ob es vom Heiligen Geist ist und um Bestätigung bitten, aber Gott ist treu und bestätigt oft Eindrücke und Weisung auf verschiedene Art und Weise, sodass wir uns sicher sein können, was wir von Gott empfangen haben.
Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, sodass wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist;
1.Korinther 2,12
Gottes Kraft
In dem Video habe ich dargelegt, wie Zungenrede in der Rebellion auch im falschen Geist ist. Diese Warnungen sollte man ernst nehmen. In den meisten Gemeinden in Deutschland jedoch wird dem Heiligen Geist nur sehr wenig oder kein Raum gegeben.
Was ich aber bei Kritikern der charismatischen Gemeinden und Befürwortern der Berliner Erklärung (1909) sehe ist, dass sie die Wirkung und Kraft des Heiligen Geistes für tot und höchstens intellektuell erklären, oder aber auf den Verstand beschränken.
Deshalb kündigte Paulus auch für seine Wiederkehr in Korinth an: „dann werde ich erfahren, ob diese Leute nur Schwätzer sind oder ob sie wirklich die Kraft Gottes haben.“ (1.Korinther 4,19)
Ich denke, dass die meisten Bibellehrer und Theologen eben diese Schwätzer sind, die keine Kraft Gottes haben. Ich nehme Paulus sehr erst, da er an die Gemeinde in Thessalonich schrieb:
„Denn als wir euch die gute Botschaft brachten, geschah das nicht nur mit Worten, sondern auch mit Kraft, denn der Heilige Geist gab euch die Gewissheit, dass wir euch die Wahrheit sagten.“ (1.Thessalonicher 1,5).
Damit sei euch gesagt: lasst euch vom Heiligen Geist die Gewissheit geben, dass die gute Botschaft nicht nur mit Worten, sondern auch mit Kraft überbracht werden darf. Diese Kraft steckt aber nicht in den Worten selbst, sondern in dem, was der Heilige Geist tut. Und dazu gehören eben auch die Gaben, die ein und derselbe Geist allen gibt, die an Jesus Christus glauben.